...ürer wurde Anno 1471 in Nürnberg geboren. Dort lebte und arbeitete er bis zu seinem Tod und sah sich allenfalls in den Niederlanden und Italien um, was die Konkurrenz so treibt. Anno 1494 heiratete er seine Agnes, wenn der Ehe der Kindersegen leider versagt blieb und es daher keine Maler-Dynastie vergleichbar der Musiker-Dynastie Bachs gibt (die Jungfer Dosenschreck hat mich gezwungen dies zu schreiben). Mit zahlreichen Gemälden, Zeichnungen, Kupferstichen und Holzschnitten hat unser Dürer unsere deutsche Kunst gar sehr vermehrt und so feiern wir seinen heutigen Geburtstag doch gerne. Dies tun wir natürlich mit den Werken des Künstlers. Unsere Landsknechte hat er auch auf der Leinwand verewigt und darauf lege ich meinen Schwerpunkt. In unserem Kunstgelehrten Heinrich Wölfflin fand unser Albrecht Dürer seinen Chronisten. „Die Kunst Albrecht Dürers“ heißt das Werk und daraus lesen wir Panzertiere heute vor. Ich mache den Anfang mit der Lebensgeschichte unseres alten Meisters: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/woelfflin1919 „Was zufällig als erste künstlerische Äußerung Dürers erhalten blieb, ist ein Selbstbildnis: der Knabe im Alter von dreizehn Jahren; mit dem Silberstift gezeichnet, in feinen, vorsichtigen Linien. Alles, was feste Form ist, enthält bereits die Bildung, die wir aus den späteren Bildnissen kennen, und das Individuelle spricht schon mit merkwürdiger Bestimmtheit. Nur das Auge hat einen unwahren Blick. Im Ganzen aber des fein organisierten Kopfes liegt eine eigentümliche Spannung und man mag leicht versucht sein, mehr darin zu sehen als die Spannung des Modells vor dem Spiegel: etwas von jenem staunenden Erwarten, mit dem das Genie den Eindrücken der Welt entgegengeht. Dieser Knabe ist am 21. Mai 1471 in Nürnberg zur Welt gekommen, in einem Hinterhaus als Kind eines armen Goldschmieds. Zwei Kinder waren schon da und fünfzehn sollten noch folgen. Der Vater war seiner Zeit aus Ungarn eingewandert und hatte als Vierziger die Tochter seines ehemaligen Meisters, ein blutjunges Nürnberger Mädchen, zur Frau bekommen. Wir kennen ihn. Der junge Dürer hat ihn zweimal gemalt und dazu in seiner Familienchronik noch einen Text geschrieben: wie er ein Mann von wenig Worten gewesen sei, streng rechtlich und tüchtig in seinem Handwerk, ein Mann, der sich zeitlebens schwer habe plagen müssen und wo die Kinder aufwuchsen in harter christlicher Zucht. Albrecht war sein besonderer Liebling. Die Mutter, die einst ein liebliches Mädchen war (eine „hübsche gerade Jungfrau“ nennt sie Dürer), ist uns nur durch eine Zeichnung aus ihrer spätesten Lebenszeit bekannt, jene unvergleichliche große Kohlezeichnung, die der Sohn kurz vor ihrem Tode machte, 1514. Er hatte sie, nachdem sie Witwe geworden, zu sich genommen. Sie ging kaum mehr aus, nur in die Kirche. Auch die andern ermahnte sie dazu und ihre ständige Rede war: „Geh im Namen Jesu Christi.“ Jene Zeichnung ist das Bild eines Weibes, das von vielen Geburten erschöpft, in Not und Arbeit sich völlig aufgezehrt hat und das verschrumpfte Gesicht mit den schielenden vortretenden Augen hat etwas Dumpfes und Hoffnungsloses, das fast erschreckend wirkt. Das sind die Eltern. Pate war Anton Koburger, der berühmte Buchdrucker und Verleger. Nachdem der Knabe in der Schule das Lesen und Schreiben gelernt hatte, war es selbstverständlich, daß er beim Vater in die Lehre ging und er war schon fast ein ausgelernter Goldschmied, als er inne wurde, er müsse Maler werden. Ohne Kampf ging es nicht – Dürer berichtet darüber in der Familienchronik –, den Vater „reute die verlorene Zeit“, aber schließlich ließ er ihn gewähren und gab ihn zu Michael Wohlgemut in die Werkstatt. Er war fünfzehneinhalb Jahr alt damals. Die Lehrzeit sollte drei Jahre dauern. „In der Zeit verlieh mir Gott Fleiß, daß ich wohl lernte.“ Aber von den Gesellen in der Werkstatt habe er viel leiden müssen, fügt er hinzu. Mit neunzehn Jahren, im Frühling 1490, zog er aus auf die Wanderschaft: »und da ich ausgedient hatte, schickte mich mein Vater hinweg und ich blieb vier Jahre außen, bis daß mich mein Vater wieder forderte«. Wo er war, sagt er uns nicht. Wir wissen aber aus anderen Berichten, daß Kolmar und die Werkstätte Martin Schongauers ein Hauptziel der Wanderschaft waren. Indessen scheint er weite Umwege gemacht zu haben und als er nach Kolmar kam, kam er zu spät: unvermutet war Meister Martin 1491 gestorben. So blieb er eine Weile bei den Brüdern, ging dann nach Basel – dort finden wir ihn im Dienste des Holzschnitts – und eine weitere Nachricht scheint noch einen Aufenthalt in Straßburg für 1494 anzuzeigen. Seit Pfingsten dieses Jahres aber, wie gesagt, ist er wieder in Nürnberg. Gleich nach der Heimkehr gründet er den eignen Herd, indem er die Frau heiratet, die ihm der Vater nach üblicher Weise ausgesucht hatte. Sie hieß Agnes Frei, war aus wohlhabendem Haus, eine nüchterne Person mit stumpfen Zügen, von der man wohl begreift, daß böse Zungen sie als ein Kreuz für den Maler bezeichnen konnten. Ich brauche hier in Bezug auf sein eheliches Glück keine Rechnung abzustellen und begnüge mich zu konstatieren, daß er mit der Frau – in kinderloser Ehe – bis zu seinem Tode schlecht und recht zusammengelebt hat. Die künstlerische Persönlichkeit Dürers kennzeichnet sich von Anfang an durch eine ungewöhnliche Feinfühligkeit der plastischen Form gegenüber. Man merkt, daß die Dinge der Sichtbarkeit ihm mehr sagten als den andern und daß er früh einen neuen Begriff von der Darstellungswürdigkeit und der Darstellungsfähigkeit der Natur sich gebildet haben muß. Nicht als Fortführer einer Nürnberger Lokaltradition läßt er sich begreifen, sondern gleich tritt er als der Erbe der gesamten oberdeutschen Kunst uns entgegen und diese besaß damals ihre bedeutendste Potenz in Martin Schongauer. Neben dem Eindruck Schongauers bleibt alles im Hintergrund, was etwa auf die Unterweisung durch Wohlgemut und seine Genossen zurückgeführt werden kann. Und nun war also Dürer in der Heimat Schongauers gewesen und hatte in den oberrheinischen Gegenden sich vollgesogen mit der feinen, beweglichen und ausdrucksvollen Art dieser Kunst und was soll man anderes erwarten als daß er jetzt, zurückgekehrt nach Nürnberg, der Fortsetzer, der Vollender des frühverstorbenen Meisters würde? Allein da geschieht das Unerwartete: Dürer kommt unter den Eindruck Italiens. Die Wirkung Schongauers kreuzt sich mit der Wirkung Mantegnas. Deutsche Spätgotik begegnet sich mit italienischer Renaissance. Wann die ersten italienischen Bilder an Dürer herankamen, ist nicht bestimmt zu sagen, bald nach der Rückkehr aber nach Nürnberg, im Jahre 1494 und 1495 mehren sich die Zeichen der Berührung so sehr und sind von solcher Stärke, daß eine Reise über die Alpen angenommen werden müßte, auch wenn wir nicht durch sonstige Hinweise darauf gedrängt würden. Mag sein, daß einzelne Stiche italienischer Meister von Dürer schon im Norden kopiert wurden, 1495 aber hat er sicher auf italienischem Boden gestanden. Mit diesem Datum stimmt es, wenn Dürer später auf der großen italienischen Reise 1506 von einem Eindruck spricht, den er elf Jahre früher an Ort und Stelle d. h. in Venedig gehabt habe...“.