... größte Schicksalswende in der Geschichte unseres deutschen Volkes dar. Es schien so als ob es auch uns Deutschen, gleich den Iberern, Galliern, Britanniern und Illyriern, bestimmt wäre von den Römern kulturell einverleibt zu werden. Doch beginnen diese den schweren Fehler Hermann den Cherusker ihre deutschen Hilfstruppen befehligen zu lassen. Auf den Feldzügen gegen die Illyrer entdeckte er die Schwachstelle der römischen Legionen. Auf dem Marsch und in unwegsamen Gelände nutzte den Römern ihre überlegene Taktik und Bewaffnung nichts - wie einmal der römische Geschichtsschreiber Tacitus feststellte. Der römische Kaiser Augustus stellte seinem Statthalter Varus nun Hermann der Cherusker zur Seite. Es gelang unserem Cheruskerfürsten den Varus mit seinen drei Legionen - rund 18,000 Mann schweres Fußvolk - in den Wald zu locken. In einer dreitägigen Schlacht vernichtete er das römische Heer ganz und gar. Seine Streitmacht war wohl kleiner als die der Römer. In der Folge wurden die Römer wieder über den Rhein zurückgeworfen. Augustus lief nur des Nachts des öfteren auf die Straße und verlangte von Varus seine Legionen zurück. Sein Nachfolger Tiberius aber schickte den Feldherrn Germanicus mit einem starken Heer nach Deutschland, um Rache für die Schmach zu nehmen. In wechselvollen Kämpfen trotzte Hermann der Cherusker den Römern solange bis Tiberius des Krieges überdrüssig wurde und den Abzug seiner Legionen befahl. Wohl noch so manches Mal drangen die Römer in der Folgezeit in unser deutsches Vaterland mit starker Heeresmacht ein, wiederholten aber niemals mehr wieder ihren Eroberungsversuch. Rund 200 Jahre später ging die Initiative mehr und mehr auf uns Deutsche über und führte zur Zerschmetterung des weströmischen Reiches und zur Gründung zahlreicher deutscher Königreiche auf dem ehemals römischen Boden. Wann die Schlacht im Teutoburger Wald geschlagen worden ist, wissen wir natürlich nicht. Bekannt ist nur, daß sie im Sommer Anno 9 geschlagen worden ist; und da wir auch den Geburtstag unseres Befreiers Hermanns des Cheruskers nicht kennen, so gedenken wir diesem natürlich gleich mit. Weil dem so ist, würdigt nun der römische Geschichtsschreiber Tacitus unseren Hermann: „Übrigens fand Arminius, der seit dem Abzuge der Römer und der Vertreibung Marbods nach der Königsherrschaft strebte, an der Freiheitsliebe seiner Volksgenossen feindlichen Widerstand. Sie erhoben sich in Waffen gegen ihn, und nach schwankenden Erfolgen im Kampfe fiel er durch die Arglist seiner Verwandten: Er, unzweifelhaft der Befreier Germaniens, der Mann, der nicht die ersten Anfänge des römischen Volks - wie andere Könige und Heerführer -, sondern das römische Reich in seiner höchsten Blüte angegriffen hat, in den Feldschlachten mit unentschiedenem Erfolge, im Kriege unüberwunden. Volle siebenunddreißig Jahre währte sein Leben, zwölf seine Machtstellung, und noch jetzt wird er bei den barbarischen Völkerschaften in Liedern gefeiert, während er den Geschichtsjahrbüchern der Griechen unbekannt ist, die nur das Ihre bewundern, und bei uns Römern nicht nach seiner Bedeutung gekannt, da wir nur das Alte preisend erheben, gleichgültig gegen das, was der Neuzeit angehört.“ Der römische Geschichtsschreiber Cassius Dio hat uns in seiner Römischen Geschichte einen recht ausführlichen Bericht der Schlacht im Teutoburger Wald gegeben, welchem wir nun hören: „Die Römer besaßen einige Bezirke in Deutschland, nicht beisammen, sondern wie sie gerade erobert worden waren, weshalb ihrer auch die Geschichte nicht erwähnt. Sie überwinterten daselbst und legten Städte an. Auch fügten sich die Deutschen bereits nach römischer Sitte, kamen auf die Marktplätze und pflegten friedlichen Umgang mit ihnen, konnten aber doch ihrer Väter Sitten, ihre Landesgebräuche, ihre ungebundene Lebensweise, ihre Waffenmacht nicht vergessen. Bis jetzt sollten sie sich nur allmählich und unter Anwendung großer Behutsamkeit derselben entwöhnen, fanden sich auch unmerklich in ihre neue Lebensweise, und hatten die mit ihnen vorgehende Veränderung selbst nicht gefühlt. Als aber Quintilius Varus, nach seiner Statthalterschaft in Syrien, Deutschland zur Provinz erhielt, so stimmte er einen zu hohen Ton an, wollte Alles zu rasch umformen, behandelte sie herrisch und erpreßte Tribut wie von Untertanen; und dies wollten sie sich nicht mehr gefallen lassen. Die Häupter des Volkes strebten nach der frühern Herrschaft; die Menge fand die hergebrachte Regierungsweise besser als fremde Zwingherrschaft. Weil sie aber am Rhein und im eigenen Lande die Streitkräfte der Römer zu stark fanden, so empörten sie sich vorerst nicht offen, empfingen vielmehr den Varus, als ob sie alle seine Forderungen erfüllen wollten, und lockten ihn vom Rheine ab in das Land der Cherusker und an die Weser. Hier lebten sie mit ihm auf völlig friedlichem, freundlichen Fuße und ließen ihn glauben, daß sie selbst ohne Gewalt der Waffen seinen Befehlen demütigst nachkommen würden. So geschah es, daß Varus nicht, wie er in Feindesland hätte tun sollen, seine Truppen zusammenhielt und viele seiner Leute auf Ansuchen der Schwächeren, bald zum Schutze gewisser Plätze, bald um Räuber aufzugreifen, bald um die Zufuhr von Lebensmitteln zu decken, nach verschiedenen Seiten hin sandte. Die Häupter der Verschwörung, der tückischen Nachstellung und des Krieges der sich nun entspann, waren unter Andern Arminius und Segimer, die immer um sie waren und oft an seiner Tafel schmausten. Als er nun so ganz zuversichtlich wurde und sich zu nichts Argem versah, vielmehr Allen, welche das, was vorging, argwöhnten, und ihm zur Vorsicht rieten, nicht nur nichts glaubte, sondern sogar unzeitige Ängstlichkeit Schuld gab, und sie der Verleumdung zieh, so empörten sich verabredeter Maßen zuerst einige entfernte Stämme, in der Absicht, den Varus, wenn er gegen diese, wie durch Feindesland, zöge, desto eher in die Falle zu locken, damit er nicht, wenn alle zumal sich zum Kriege wieder ihn erhüben, seine Vorsichtsmaßregeln träfe. Und so ging es denn auch: sie ließen ihn voraus ziehen und geleiteten ihn eine Strecke, blieben dann aber zurück, unter dem Vorwande, daß sie die Landestruppen zusammenziehen und ihm zu Hilfe kommen wollten. Nun fielen sie mit ihren schon bereit gehaltenen Streitkräften über die früher erbetenen Truppen her und machten sie nieder, worauf sie dann ihm selbst, der bereits in unwegsame Wälder gedrungen war, zu Leibe gingen. Jetzt erschienen die vermeintlichen Untertanen plötzlich als Feinde und versetzten das Heer in die mißlichste Lage. Die Gebirge waren voller Schluchten und Unebenheiten, und die Bäume dicht und hoch gewachsen, so daß die Römer schon vor dem Anfalle der Feinde, mit dem Fällen der Bäume, dem Wegbahnen und dem Schlagen von Brücken, wo es nötig ward, volle Arbeit hatten. Sie führten auch viele Wagen und Lasttiere, wie im Frieden, nach sich, auch Kinder, Weiber und Dienerschaft in Menge folgten ihnen, so daß sie schon deshalb sich auf dem Zuge ausdehnen mußten. Ein heftiger Regenguß und Sturmwind überfiel und trennte sie noch mehr, und der Boden und die Wurzeln und Stämme der Bäume schlüpfrig geworden, machten ihre Tritte unsicher, die Gipfel der Bäume brachen ab und vermehrten durch ihren Fall die Verwirrung. In dieser Not fielen die Feinde aus den dichtesten Wäldern von allen Seiten über die Römer her, indem sie, der Wege kundig, sie umzingelten, und anfangs aus der Ferne sie beschoßen, dann aber, als sich Niemand zur Wehr setzte und Viele verwundet wurden, ihnen zu Leibe gingen. Da sie nämlich in keiner Ordnung, sondern mit Wagen und Unbewaffneten untermengt einher zogen, konnten sie nicht leicht ihre Glieder schließen, und litten, den jedesmaligen Angreifenden selbst an Zahl nicht gewachsen, großen Verlust, ohne jenen etwas anhaben zu können. Als sie einen, so weit es in dem Waldgebirge möglich war, tauglichen Platz fanden, schlugen sie ein Lager, verbrannten die meisten Wagen und anderes entbehrliche Geräte, oder ließen es zurück, und zogen dann am andern Tage in größerer Ordnung weiter und waren zwar so glücklich, auf einen lichten Ort vorzudringen, doch geschah auch dies nicht ohne Verluste. Als sie von da ausbrachen, gerieten sie in neue Waldungen, und wehrten sich zwar gegen die Andringenden, erlitten aber dadurch neuen Schrecken: denn wenn sie an engen Stellen sich zusammen taten, um in geschlossenen Gliedern, Reiter und Fußvolk, gegen sie auszufallen, wurden sie durch sich selbst und die Bäume gehindert. Es war der dritte Tag, daß sie so daher zogen; ein heftiger Regen und starker Wind überfiel sie wieder, und ließ sie weder weiter ziehen noch auch sicheren Fuß fassen, ja setzte sie sogar außer Stand, von ihren Waffen Gebrauch zu machen: denn Pfeile, Wurfspieße und Schilde waren durchnäßt und nicht gut zu gebrauchen. Die Feinde dagegen, meist leicht bewaffnet, hatten, da sie ungehindert vordringen oder zurück weichen konnten, weniger davon zu leiden. Überdies waren sie auch an Zahl weit überlegen, (denn auch die früher Bedenklichen hatten sich jetzt, wenigstens um Beute zu machen, gleichfalls eingefunden) und umringten nun die schwächeren Römer, welche nun in den vorangegangenen, Kämpfen schon viel Leute verloren hatten, um so leichter, und machten sie nieder, so daß Varus und die angesehensten Führer, aus Furcht lebendig gefangen zu werden, oder durch die Hand ihrer verhaßtesten Feinde zu fallen, (denn verwundet waren sie schon) den traurigen, aber durch die Not gebotenen Entschluß faßten, sich in ihre eigenen Schwerter zu stürzen. Sobald dies verlautete, so setzte sich keiner, wenn er auch noch Kräfte hatte, weiter zur Wehr: die Einen ahmten das Beispiel ihres Anführers nach, die Andern warfen die Waffen weg und ließen sich von dem nächsten Besten niedermachen, denn an Flucht war, wenn man auch wollte, nicht zu denken. Es wurde nun, ohne weitere Gefahr, Mann und Roß niedergestoßen...“.