...Mohrungen), seines Zeichens großer deutscher Dichter und Denker. Einen Herder-Film gibt es noch nicht und so bleibt mal wieder nur der staubtrockene Vortrag seiner Werke. Ich beginne mit der Schrift „Von deutscher Art und Kunst“, in welcher sich unser Herder mal wieder ein paar kluge Gedanken macht: http://www.zeno.org/Literatur/M/Herder,+Johann+Gottfried/Theoretische+Schriften/Von+deutscher+Art+und+Kunst „Auch ich bin, wie Sie, über die Übersetzung Ossians für unser Volk und unsre Sprache, ebensosehr als über ein episches Original entzückt. Ein Dichter, so voll Hoheit, Unschuld, Einfalt, Tätigkeit, und Seligkeit des menschlichen Lebens, muß, wenn man in faece Romuli an der Würksamkeit guter Bücher nicht ganz verzweifeln will, gewiß würken und Herzen rühren, die auch in der armen schottischen Hütte zu leben wünschen, und sich ihre Häuser zu solchem Hüttenfest einweihen – Auch Denis' Übersetzung verrät so viel Fleiß und Geschmack, teils glücklichen Schwung der Bilder, teils Stärke der deutschen Sprache, daß ich auch sie gleich unter die Lieblingsbücher meiner Bibliothek gestellt, und Deutschland zu einem Barden Glück gewünscht, den der schottische Barde nur gewecket – Aber Sie, der vorher so halsstarrig an der Wahrheit und Authentizität des schottischen Ossians zweifelte, hören Sie jetzt mich den Verteidiger, nicht halsstarrig zweifeln, sondern behaupten, daß trotz alles Fleißes und Geschmacks und Schwunges und Stärke der deutschen Übersetzung unser Ossian gewiß nicht der wahre Ossian mehr sei. Der Raum fehlt mir, das jetzt zu beweisen: ich muß also meine Behauptung nur, wie ein türkischer Mufti, sein Fetwa hinsetzen, und hier der Name des Mufti. ... Meine Gründe gegen den deutschen Ossian sind nicht bloß, wie Sie gütigst wähnen, Eigensinn gegen den deutschen Hexameter überhaupt: denn was trauen Sie mir für Empfindung, für Ton und Harmonie der Seele zu, wenn ich zum Beispiel den Kleistischen, den Klopstockischen Hexameter nicht fühlen sollte? aber freilich, weil Sie doch einmal selbst darauf gekommen sind, der Klopstock'sche Hexameter bei Ossian? freilich auch hinc illae lacrimae! Hätte der Herr D. die eigentliche Manier Ossians nur etwas auch mit dem innern Ohre überlegt – Ossian so kurz, stark, männlich, abgebrochen in Bildern und Empfindungen – Klopstocks Manier, so ausmalend, so vortrefflich, Empfindungen ganz ausströmen, und wie sie Wellen schlagen, sich legen und wiederkommen, auch die Worte, die Sprachfügungen ergießen zu lassen – welch ein Unterschied! und was ist nun ein Ossian in Klopstocks Hexameter? in Klopstocks Manier? Fast kenne ich keine zwo verschiednere, auch Ossian schon würklich wie Epopöist betrachtet. Aber das ist er nun nicht, und sehen Sie, das wollte ich Ihnen nur sagen, von jenem hat schon, wie mich dünkt, eine Kritische Bibliothek geredet, und das geht mich nichts an. Ihnen wollte ich nur in Erinnerung bringen, daß Ossians Gedichte Lieder, Lieder des Volks, Lieder eines ungebildeten sinnlichen Volks sind, die sich so lange im Munde der väterlichen Tradition haben fortsingen können – sind sie das in unsrer schönen epischen Gestalt gewesen? haben sie's sein können? – mein Freund, wenn ich mich zuerst gegen Ihre zweifelnde Halsstarrigkeit gegen die Ursprünglichkeit Ossians auf nichts so sehr, als auf inneres Zeugnis, auf den Geist des Werks selbst berief, der uns mit weissagender Stimme zusagte: „So etwas kann Macpherson unmöglich gedichtet haben! so was läßt sich in unserm Jahrhunderte nicht dichten!“ mit ebendem innern Zeugnis rufe ich jetzt ebenso laut: „Das läßt sich wahrhaftig nicht singen! in solchem Ton von einem wilden Bergvolke wahrhaftig nicht fortsingen und erhalten! folglich ist's nicht Ossian, der da sang, der so lange fortgesungen wurde!“ Was sagen Sie zu meinem innern Beweise? – nächstens fülle ich Ihnen vielleicht damit Seiten! ... So eigensinnig für Ihren deutschen Ossian hätte ich Sie doch nicht geglaubt! Es mir durch Zergliederungen und einzelne Vergleichungen abzwingen zu wollen, „daß er gewiß so gut, als der englische sei!“ In Sachen der bloßen, schnellen Empfindung, was läßt sich da nicht aus Zergliedern? was nicht durch ein grübelndes Zerlegen herausbeweisen, was – wenigstens die vorige schnelle Empfindung gewiß nicht ist. Haben Sie es wohl diesmal bedacht, was Sie so oft, oft, und täglich fühlen, „was die Auslassung eines, der Zusatz eines andern, die Umschreibung und Wiederholung eines dritten Worts; was mir andrer Akzent, Blick, Stimme der Rede durchaus für anderen Ton geben könne?“ Ich will den Sinn noch immer bleiben lassen; aber Ton? Farbe? die schnelleste Empfindung von Eigenheit des Orts, des Zwecks? – Und beruht nicht auf diesen alle Schönheit eines Gedichts, aller Geist und Kraft der Rede? – Ihnen also immer zugegeben, daß unser Ossian, als ein poetisches Werk so gut, ja besser, als der englische sei – eben weil er ein so schönes poetisches Werk ist, so ist er der alte Barde, Ossian, nicht mehr; das will ich ja eben sagen. Nehmen Sie doch eins der alten Lieder, die in Shakespeare, oder in den englischen Sammlungen dieser Art vorkommen, und entkleiden Sie's von allem Lyrischen des Wohlklanges, des Reims, der Wortsetzung, des dunkeln Ganges der Melodie: lassen Sie ihm bloß den Sinn, so so, und auf solche und solche Weise in eine andre Sprache übertragen; ist's nicht, als wenn Sie die Noten in einer Melodie von Pergolese, oder die Lettern auf einer Blattseite umwürfen? wo bliebe der Sinn der Seite? wo bliebe Pergolese? Mir fälle eben das Liedchen aus Shakespeares „Twelfth-Night“ in die Hände, bei welchem der liebesieche Herzog von hinnen scheiden will...“.