...r Tondichter Anton Bruckner in Ansfelden geboren. Der Sohn des gleichnamigen Dorfschullehrers und seiner Gattin Theresia (eine geborene Helm) fing früh an zu musizieren und kam über Sankt Florian und Linz schließlich in unsere deutsche Musikhauptstadt Wien, wo er sich als freischaffender Tondichter durchschlug. Rund 150 Tondichtungen hat unser Anton Bruckner geschaffen, darunter neun Symphonien und einige Messen. Wie gewohnt muß man sich zur Feier unseres deutschen Tondichters eines seiner Werke in hörbarer Form heraussuchen. Ich manche den Anfang mit Bruckners Neunter Symphonie, die uns unser Wilhelm Furtwängler zum Besten gibt (dessen Aufnahmen wie immer bevorzugt auszuwählen sind): https://www.youtube.com/watch?v=tOfTE-vbKDc Unser Musikgelehrter Rudolf Louis bringt uns in seinem Buch „Anton Bruckner“ unseren Tondichter etwas näher und so schmökern wir Panzertiere zur Feier des Tages ein wenig darin. Ihr sollt ja bei unseren Panzerfeiern auch etwas lernen und nicht nur Met schlürfen: https://archive.org/details/antonbruckner00loui „Es liegt in der Natur der Sache begründet, dass der ausübende Künstler früher zu allgemeiner Anerkennung und Geltung gelangt, als der schaffende. Und wenn es auch zunächst nur die technisch-virtuose Seite an den Leistungen eines bedeutenden Vokalisten oder Instrumentalisten ist, was die große Menge besticht, immer wird auch der echte Künstler, dem die Virtuosität nur Mittel zum Zweck ist, dem Publikum gegenüber sich im Vorteil befinden, wenn er mit ausübender Tätigkeit vor die Öffentlichkeit tritt, während der Schaffende stets jenen hartnäckigen Widerstand zu besiegen hat, der sich allem Neuen und Ungewohnten entgegenstemmt. So konnte es geschehen, dass ein Franz Liszt mit seinem Ruhme als Klavierspieler die ganze Welt erfüllte zu einer Zeit, wo man über den Komponisten günstigenfalls mitleidig die Achseln zuckte; und auch Anton Bruckner war als Orgelvirtuose längst eine europäische Zelebrität, da man sonst von ihm weiter noch nichts wusste, als dass er - wie die meisten Organisten - auch einiges komponiert habe. Schon die kurze Notiz der Wiener „Neuen Freien Presse“ vom 18. Mai 1868, die über die Linzer Aufführung der ersten Symphonie berichtet, nennt ihn „den bedeutendsten Orgelspieler in Österreich“, und noch 1882 weiß ein weitverbreitetes Musiklexikon von ihm nur zu sagen: „Bedeutender Orgelvirtuos, Hoforganist in Wien und Professor am Konservatorium; veröffentlichte: Chorkompositionen, Messen, Symphonien und anderen“. Ja, selbst in noch späterer Zeit konnte man es in Wien erleben, dass Leuten, die dem musikalischen Leben ferner standen, der Name Bruckners als der eines berühmten Organisten sehr wohl bekannt war, wogegen sie keine Ahnung davon hatten, dass derselbe Mann auch als Komponist Bedeutendes geleistet habe. Wenn aber der ausübende Künstler dem schaffenden gegenüber bei der Mitwelt im Vorteil ist, so kehrt sich das Verhältnis um, sobald die Nachwelt in Betracht kommt. Denn auch darin gleicht der musikalische Virtuose dem Mimen, dass ihm „die Nachwelt keine Kränze flicht“. Während die Mehrzahl der Zeitgenossen von dem Komponisten Bruckner nichts wusste, der aus seinen unsterblichen Werken so gewaltig zu uns allen spricht, entzieht sich unserer Kenntnis der Orgelspieler. Um eine Ahnung davon zu gewinnen, was der Meister auf dem Instrumente geleistet, das er mit mehr Recht als irgendein anderer großer Musiker der neueren Zeit das seine nennen durfte, sind wir auf die Berichte derer angewiesen, die so glücklich waren, ihn selbst noch hören zu können. Und solche Berichte mögen noch so anschaulich und begeistert lauten, - sie werden immer nur eine sehr schwache, farblose und unvollkommene Vorstellung von einer Sache zu geben vermögen, bei der alles auf die unmittelbare Wirklichkeit des lebendigen Eindrucks ankommt. Wenn ein Liszt auch als virtuoser Techniker auf eine Stufe der Vollendung gelangte, die kein späterer je mehr erreichen sollte, so scheint es, als ob bei Bruckners Orgelspiel das Technische nicht so phänomenal entwickelt gewesen sei, dass man wie bei dem „Paganini des Klaviers“ von einer schlechthin exzeptionellen Wundererscheinung hätte sprechen müssen. Gewiss ist in früheren Jahren, wo die mit zunehmendem Alter wachsende Nervosität ihn noch nicht behinderte, auch seine rein technische Geschicklichkeit und Gewandtheit auf der Orgel sehr groß gewesen. Aber ich kann mir sehr wohl denken, dass es heute Virtuosen gibt, die ihm darin wohl gleichkommen, wenn nicht ihn übertreffen. Seine eigentliche Stärke, das ganz Einzigartige und Unvergleichliche seines Spiels lag auf rein musikalischem Gebiete. Die unendliche schöpferische Potenz, die in ihm lag, sie war es, die auch seine Orgelvorträge so himmelhoch über die Leistungen seiner engeren Kunstgenossen hinaushob. Und eben darum ruht seine Bedeutung als Organist nicht sowohl auf seiner Interpretation fremder Orgelwerke, als vielmehr auf seinen freien Improvisationen. Zwar hat er in seinen jüngeren Jahren auch mit dem Vortrag namentlich Bachscher Orgelschöpfungen Triumphe gefeiert. Aber seine ganze Größe als Meister der Königin der Instrumente offenbarte er doch erst dann, wenn er in freier Hingebung an die Gunst der Stunde sich ganz dem eigenen Genius überlassen durfte. Dass er dabei von der augenblicklichen Stimmung abhängig war, ist selbstverständlich, und bisweilen mochte sich einer oder der andere wohl auch enttäuscht finden, der so Fabelhaftes von Bruckners Orgelimprovisationen gehört und es nun gerade schlecht getroffen hatte. Wenn der Meister aber dann wirklich einmal gut aufgelegt war, sei es, dass das Gefühl, ein großes, in begeisterter Ergriffenheit seinen Klängen lauschendes Auditorium vor sich zu haben, ihn hob, oder vielleicht noch besser, wenn er nur einen einzigen, aber empfänglichen und urteilsfähigen Zuhörer im hohen, einsamen Kirchenraume sich gegenüber hatte, - dann konnte sich seine Phantasie zu Gipfeln erheben, wie er sie sonst nur noch etwa in den überwältigenden Höhepunkten seiner Symphonieadagios erreichte. Ja, es gibt sachverständige Leute, die die Ansicht vertreten, dass eine rest- und schlackenlose Offenbarung der schöpferischen Persönlichkeit Bruckners nur der erlebt habe, der in geweihter Stunde einmal einer solchen Improvisation lauschen durfte, bei der der Meister, ganz in Stimmung, das Beste gab, dessen er fähig war. Der spätere Niederschlag, den die Eingebungen solcher Augenblicke dann in seinen niedergeschriebenen Kompositionen gefunden, sei bestenfalls immer nur ein schwacher Abglanz dessen gewesen, was in der Ekstase des schöpferischen Moments der Seele des wunderbaren Mannes entströmte. Dieses Urteil mag etwas weit gehen. Aber es spricht sich doch der richtige Gedanke darin aus, dass die Improvisation als die eigentliche Inspirationsquelle für Bruckners musikalisches Schaffen zu betrachten ist, und dass wir in seinem Komponieren im tiefsten Grunde nichts zu erblicken haben, als den Versuch, musikalische Improvisationen zu monumentalisieren und dadurch der Nachwelt zu erhalten. Diese Eigentümlichkeit bringt Bruckner in eine gewisse Verwandtschaft mit einem anderen großen Tonmeister der neueren Zeit, der sonst sehr wenig Ähnlichkeit mit ihm hat: mit Franz Liszt; und unwillkürlich fühlt man sich erinnert an die Worte, die Richard Wagner einmal seinem Weimarer Freunde zurief: „Von Natur bist du der eigentlich wahre, glückliche Künstler, der nicht nur dichtet, sondern auch selbst darstellt; magst du nun früher als Pianist gespielt haben, was du wolltest, so war es immer der Moment der persönlichen Mitteilung deiner schönen Individualität, der uns das ganz Neue und Unbekannte brachte, und nur der konnte und durfte von dir reden, dem du selbst (und zwar in glücklicher Stimmung) vorspieltest. Dieses Neue, unbeschreiblich Eigentümliche und Besondere war nun aber ganz und gar an deine Person gefesselt; somit kam einem, wenn man dich hörte, die Klage an, dass diese Wunder eigentlich mit deiner Person unwiederbringlich verschwunden und verloren gehen sollten. Die Natur sorgt aber durch unversiegliche Hilfsmittel für Forterhaltung dessen, was sie so selten hervorbringen kann: sie gab daher auch den richtigen Weg hierfür an. Die Wunder deiner persönlichen Mitteilung musstest du in einer Weise zu erhalten suchen, welche vom Leben deiner Person selbst sie unabhängig machte. Somit musstest du, ohne zu suchen, darauf verfallen, deine persönliche Kunst durch das Orchester zu ersetzen, das heißt durch Kompositionen, die vermöge der unerschöpflichen Hilfsmittel des Vortrags im Orchester deine Individualität wiederzugeben imstande waren, ohne dass es in Zukunft deiner individuellen Person dabei bedurfte. So gelten mir deine Orchesterwerke jetzt gleichsam als eine Monumentalisierung deiner persönlichen Kunst...“.