...he Denker Houston Stewart Chamberlain geboren. Er gehört zu den größten geistigen Vertretern der deutschen Partei in England und nahm später auch seinen Wohnsitz in Bayreuth. Er schrieb viele kluge Bücher über einige unserer deutschen Dichter und Denker (Goethe, Kant, Wagner) und befaßte sich mit der Kraft des Blutes, der Rasse. Dies und seine Abneigung gegen die Levantiner machen ihn der (((amerikanischen))) Umerziehung verhaßt, aber jene kann uns Getreuen bekanntlich gestohlen bleiben. Zu Weibern nahm Chamberlain Anna Horst und Eva Wagner, die Tochter unseres Tondichters. „Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts“, „Die deutsche Sprache“, „Immanuel Kant. Die Persönlichkeit als Einführung in das Werk“, „Das Drama Richard Wagners“, „Goethe“, „Deutsche Friedensliebe“, „Arische Weltanschauung“, „Dilettantismus, Rasse, Monotheismus, Rom“, „England und Deutschland“, „Deutsche Freiheit“, „Richard Wagner“, „Deutschland als führender Weltstaat“, „Heinrich von Stein und seine Weltanschauung“, „Richard Wagner der Deutsche als Künstler, Denker und Politiker“, „Lebenswege meines Denkens“, „Der Wille zum Sieg“ oder „Politische Ideale“ lauten die Namen seiner Bücher und Schriften, deren Anschaffung mit Sicherheit nichts schadet. Das Buch „Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts“ kann man wohl das Hauptwerk Chamberlains nennen und so bekommt ihr Banausen das Vorwort zu hören: https://archive.org/details/diegrundlagende03chamgoog „Den Charakter dieses Buches bedingt der Umstand, dass sein Verfasser ein ungelehrter Mann ist. Gerade in seiner Ungelehrtheit schöpfte er den Mut zu einem Unternehmen, vor welchem mancher bessere Mann erschrocken s hätte zurückweichen müssen. Nur musste natürlich der Verfasser selber hierüber Klarheit besitzen: sein Wollen musste er nach seinem Können richten. Das tat er, eingedenk des Goethe'schen Wortes: „der geringste Mensch kann komplett sein, wenn er sich innerhalb der Grenzen seiner Fähigkeiten und Fertigkeiten bewegt.“ Nicht einen Augenblick bildete er sich ein, seinem Buche komme wissenschaftlicher Wert zu. Hat er zum Beispiel ziemlich viele Zitate und Literaturnachweise gegeben, so ist das teils zur Ergänzung allzu kurzer Ausführungen, teils als Anregung für ebenso ungelehrte Leser geschehen, manchmal auch als Stütze für Meinungen, die nicht Mode sind; noch eine Erwägung kam hinzu: ein Gelehrter, der über sein Spezialfach schreibt - ein Treitschke, ein F. A. Lange, ein Huxley - kann auch ohne sich zu rechtfertigen Behauptungen aufstellen; hier durfte das nicht geschehen; erhält also an einigen Stellen das Buch durch die vielen Anmerkungen ein gelehrtes Aussehen, so wolle man darin nicht Anmaßung, sondern ihr Gegenteil erblicken. Ein Prunken mit Wissen und Belesenheit würde lächerlich bei einem Manne gewesen sein, dessen Wissen nicht auf die Quellen zurückgeht und dem stets als Ideal vorschwebte, nicht möglichst viel zu lesen, sondern so wenig wie nur irgend tunlich und bloß das Allerbeste. Wer weiß, ob dem heute so verrufenen Dilettantismus nicht eine wichtige Aufgabe bevorsteht? Die Spezialisation macht täglich Fortschritte; das muss auch so sein. Wer diplomatische Geschichte schreibt, darf über wirtschaftliche Geschichte nicht mitreden, wer byzantinische Literatur studiert, hat sich eine so anspruchsvolle Lebensaufgabe erwählt, dass er Schnitzer macht und von den betreffenden Fachmännern zurechtgewiesen wird, sobald er auf frühere oder spätere Zeiten überzugreifen wagt, der Histolog ist heute nur in einem beschränkten, mehr oder weniger dilettantenhaften Sinne des Wortes Zoolog (und umgekehrt), der Systematiker vermag es nicht, wie früher, in der Physiologie etwas von Bedeutung zu leisten: mit einem Wort, die strengste Beschränkung ist jetzt das eiserne Gesetz aller exakten Wissenschaft. Wer sieht aber nicht ein, dass Wissen immer erst an den Grenzscheiden lebendiges Interesse gewinnt? Jedes Fachwissen ist an und für sich vollkommen gleichgültig; erst durch die Beziehung auf Anderes erhält es Bedeutung. Was sollten uns die zehntausend Tatsachen der Histologie, wenn sie nicht zu einer gedankenvolleren Auffassung der Anatomie und der Physiologie, zu einer sicheren Erkenntnis mancher Krankheitserscheinungen, zu psychologischen Beobachtungen und, im letzten Grunde,-zu einer philosophischen Betrachtung allgemeiner Naturphänomene führten? Das trifft überall zu. Nie zum Beispiel erwächst die Philologie zu so hoher Bedeutung für unser ganzes Denken und Tun, als wenn sie auf Probleme der Anthropologie und Ethnographie Anwendung findet und in unmittelbare Beziehung zur Prähistorie des Menschengeschlechts, zur Rassenfrage, zur Psychologie der Sprache und so weiter tritt; nirgends kann reine Naturwissenschaft gestaltend in das Leben der Gesellschaft eingreifen, außer wo sie zu philosophischer Würde heranwächst, und da muss doch offenbar entweder der Philosoph nebenbei ein Naturforscher sein oder der Naturforscher philosophieren. Und so sehen wir denn die Fachmänner, obwohl sie es nach ihrer eigenen Lehre nicht dürften, obwohl sie nicht müde werden, das, was sie Dilettantismus heißen, mit dem höchsten Bann zu belegen, wir sehen sie überall ihre Grenzen überschreiten; wer recht aufmerksam nach allen Seiten hin beobachtet, wird die Überzeugung gewinnen, dass die gefährlichsten Dilettanten die Gelehrten selber sind. Zwar an eine mikrokosmische Zusammenfassung wagt sich heute Keiner von ihnen, auch die ihnen zunächst liegenden Fächer vermeiden sie ängstlich, in entfernte springen sie dagegen beherzt hinüber: Juristen sehen wir in der Philologie sich herumtummeln, Metaphysiker den Indologen Sanskrit lehren, Philologen über Botanik und Zoologie mit beneidenswerter Nonchalance reden, Ärzte, deren Ordinationsstunden in urwäldlicher Ungestörtheit verlaufen, sich die Metaphysik zur Leichenschau vornehmen, Theologen über das Alter von Handschriften urteilen, wo man glauben sollte, nur ein historisch geübter Grapholog im Bunde mit einem Mikrochemiker besäße hierzu die Kompetenz, Psychologen, die in ihrem Leben keinen Seziersaal betraten, an die genaue Lokalisation der Gehirnfunktionen die interessantesten Hypothesen knüpfen Ja, was sehen wir bei den Berühmtesten unserer Zeit? Ein Darwin musste Nolens Volens Philosoph werden, sogar ein wenig Theolog, ein Schopenhauer hielt seine „Vergleichende Anatomie“ für seine beste Schrift, Hegel schrieb eine Weltgeschichte, Grimm widmete seine besten Jahre juristischen Aufgaben, Jhering, der große Rechtslehrer, fühlte sich nirgends so wohl wie beim Aufbau etymologischer und archäologischer Luftschlösser! Kurz, die Reaktion gegen die enge Knechtschaft der Wissenschaft bricht sich gerade bei den Gelehrten Bahn; nur die Mittelmäßigen unter ihnen halten es dauernd in der Kerkerluft aus; die Begabten seimen sich nach dem Leben und fühlen, dass jegliches Wissen nur durch die Berührung mit einem anderen Wissen Gestalt und Sinn gewinnt. Sollte nun ein aufrichtiger, offen eingestandener Dilettantismus nicht gewisse Vorzüge vor dem versteckten haben? Wird nicht die Lage eine deutlichere sein, wenn der Verfasser gleich erklärt: ich bin auf keinem Felde ein Fachgelehrter? Ist es nicht möglich, dass eine umfassende Ungelehrtheit einem großen Komplex von Erscheinungen eher gerecht werden, dass sie bei der künstlerischen Gestaltung sich freier bewegen wird als eine Gelehrsamkeit, welche durch intensiv und lebenslänglich betriebenes Fachstudium dem Denken bestimmte Furchen eingegraben hat? Wenn nur nicht alle methodischen Grundlagen fehlen, wenn die Absicht eine edle, nützliche ist, das Ziel ein klares, die Hand am Steuerruder eine feste, welche das Schiff zwischen der steilen Skylla der reinen Wissenschaft (einzig den ihr Geweihten erreichbar) und der Charybdis der Verflachung sicher hindurchzusteuern vermag, wenn aufopferungsvoller Fleiß dem Ganzen den Stempel ehrlicher Arbeit aufdrückt, dann darf der ungelehrte Mann ohne Scheu eingestehen, was ihn beschränkt, und dennoch auf Anerkennung hoffen. Ganz ohne wissenschaftliche Schulung ist der Verfasser dieses Buches nicht, und, hat ihn auch eine Fügung des Schicksals aus der erwählten Laufbahn entfernt, so hat er sich doch, neben dem unvergänglichen Eindruck der Methodik und der unbedingten Achtung vor den Tatsachen, welche die Naturforschung ihren Jüngern einprägt, für alle Wissenschaft Verehrung und leidenschaftliche Liebe bewahrt. Jedoch er durfte und er musste sich sagen, dass es etwas gibt, höher und heiliger als alles Wissen: das ist das Leben selbst. Was hier geschrieben steht, ist erlebt. Manche tatsächliche Angabe mag ein überkommener Irrtum, manches Urteil ein Vorurteil, manche Schlussfolgerung ein Denkfehler sein, ganz unwahr ist nichts; denn die verwaiste Vernunft lügt häufig, das volle Leben nie: ein bloß Gedachtes kann ein luftiges Nichts, die Irrfahrt eines losgerissenen Individuums sein, dagegen wurzelt ein tief Gefühltes in Außer- und Überpersönlichem, und mag auch Vorurteil und Ignoranz die Deutung manchmal fehlgestalten, ein Kern lebendiger Wahrheit muss darin liegen...“.