... Vierte aus dem Hause der Welfen zum König gewählt. Seit 1198 machte er unserem Staufer Philipp den deutschen Thron streitig, doch dieser wurde von Otto von Wittelsbach heimtückisch ermordet und so konnte sich der Sohn Heinrichs des Löwen doch noch durchsetzen. Um 1176 wurde er in Braunschweig geboren und erlangte bereits 1209 in Rom die Kaiserwürde. Bis 1218 sollte er regieren, aber ab 1215 beschränkte sich seine Macht auf das Herzogtum Braunschweig. Eigentlich ein Günstling des Papsttums war er mit diesem aneinandergeraten und so konnte unser Kaiser Friedrich der Zweite von Sizilien mit einem Heer in unser altes deutsches Reich marschieren und dort sein Herrscherrecht verfechten. Entschieden wurde der Streit freilich 1214 beim gallischen Bouvines. Unser Kaiser Otto der Vierte hatte dem englischen König Johann Ohneland Truppen für seine Fehde mit den Galliern geschickt. Die Engländer erlitten eine vernichtende Niederlage und verloren ihren ganzen Besitz in Gallien, also auch das Stammland ihrer Könige, die Normandie, und das reiche Herzogtum Aquitanien. Erst der Moppel Kirchhügel sollte Johann Ohneland unterbieten und für den Verlust des englischen Weltreiches und den Untergang der englischen Flotte auch noch kämpfen. Johann Ohneland kämpfte und verlor, während der Kirchhügel kämpfte um zu verlieren... Bei unserem Geschichtsschreiber Friedrich Kohlrausch in den „Bildnissen der deutschen Könige und Kaiser“ beginnen wir mit dem Heimgang Kaiser Heinrichs des Sechsten und dem Gerangel zwischen Welfen und Staufer um seine Nachfolge: https://reader.digitale-sammlungen.de//de/fs1/object/display/bsb10016311_00005.html „Heinrichs VI. Tod eröffnete einen Umschwung aller Verhältnisse in Deutschland und Italien; die Elemente, die sein starker Arm und sein eiserner Wille in Furcht und Unterwerfung gehalten hatte, entfesselten sich; die kaiserliche Herrschaft in Italien ging großenteils verloren und in Deutschland öffnete eine zwiespältige Königswahl allen Gräueln des innern Krieges von Neuem die Tore. Heinrichs Erbe, Friedrich, war ein dreijähriges Kind und seine Mutter und Vormünderin Konstanze vermochte ihm nur die Krone Siziliens zu erhalten. Sein Oheim Philipp, Herzog von Schwaben und zugleich, wie wir unter Heinrich VI. gesehen haben, mit dem mathildischen Erblande Tuszien belehnt, mußte sich unter Aufruhr und Gefahren aus Italien nach Deutschland zurückziehen, denn die unwillig gehorchenden Italiener griffen bei der Nachricht von Kaiser Heinrichs Tode sogleich zu den Waffen. Er eilte durch das südliche Deutschland, welches im Ganzen dem hohenstaufischen Hause anhing, nach Thüringen und versammelte im Anfange des Jahres 1198 auch dort die Freunde seines Hauses, besonders diejenigen Fürsten, die bei der Zerteilung des welfischen Besitztums nach Heinrichs des Löwen Falle Länder gewonnen hatten und sie wieder zu verlieren fürchten mußten, wenn die Hohenstaufen nicht die Macht in Händen behielten. Denn daß die welfische Partei jetzt wieder ihr Haupt erheben würde, war leicht vorauszusehen. Zunächst suchte Philipp seinem Neffen Friedrich, der schon als unmündiges Kind zum deutschen Könige gewählt war, das Reich zu erhalten und sich als Reichsverweser anerkennen zu lassen; aber bald wurde er genötigt, weiter zu gehen, denn die Feinde seines Hauses, unter der Anführung der Erzbischöfe von Trier und Köln, versammelten sich in Köln, um einen andern König zu wählen. Sie behaupteten, ein Kind, wie Friedrich, könne dem Reiche nicht vorstehen; auch sei dessen Wahl vom Vater erzwungen gewesen und der dem Kinde geleistete Eid nicht gültig, weil Friedrich damals noch nicht getauft gewesen sei. Die Vereinigten waren nicht bloß welfisch gesinnte Fürsten, sondern überhaupt Gegner der Hohenstaufen, durch die harte Herrschaft Heinrichs VI. erbittert, und beschlossen, den reichen Herzog Berthold von Zähringen zum Könige zu erheben. Dieser, dem Gelde übermäßig ergebene, Mann ließ sich aber durch 12,000 Mark von Philipp bewegen, die Last der Krone, welche überdies viele Ausgaben nötig gemacht hätte, auszuschlagen; – Philipp konnte große Summen für seine Zwecke verwenden, denn er hatte den reichen Familienschatz auf dem Schlosse Trifels am Rheine, wohin Heinrich VI. die Reichtümer Siziliens hatte führen lassen, in Händen. Und da er den Ernst der Gegner sah, unter jeder Bedingung einen König gegen das hohenstaufische Haus aufzustellen, und erkannte, daß das Kind in Sizilien nicht an die Spitze desselben treten konnte, so ließ er sich von seinen Freunden bewegen, selbst die Krone Deutschlands anzunehmen. Diese Nachricht bewirkte auf der andern Seite, daß die rheinischen Fürsten in Köln sich ebenfalls an Bertholds Stelle nach einem Könige umsahen, und sie wählten nun einen Welfen, den zweiten Sohn Heinrichs des Löwen, Otto; der ältere, Pfalzgraf Heinrich, den wir schon kennen, war mit dem Erzbischof von Mainz im Morgenlande abwesend. Otto besaß Braunschweig und war zugleich von seinem mütterlichen Oheime, dem Könige Richard Löwenherz von England, zum Statthalter von Poitou in Frankreich gemacht worden. Er hatte in England und Frankreich die Welt kennen gelernt und war durch seine kräftige Persönlichkeit in jener ritterlichen Zeit ein hervorragender Mann. Sein hoher Wuchs, eine ungewöhnliche Leibesstärke und kühne Tapferkeit zeichneten ihn vor Vielen aus. In Betrachtung dieser Eigenschaften und in der Hoffnung, daß Otto eine tätige Unterstützung von König Richard erhalten werde, holten ihn die Fürsten eiligst von Poitou herbei und erhoben ihn zum Könige. Um sich sogleich in Besitz der Krone in der alten Krönungsstadt der deutschen Könige zu setzen, zog Otto mit seinem Anhange gegen Aachen, welches Philipps Anhänger besetzt hatten. Er mußte die Stadt sechs Wochen lang mit aller Anstrengung belagern, dann eroberte er sie am 10. Juli und wurde am 12. von dem Erzbischof von Köln gekrönt. Auf diese Krönung am rechten Orte und von dem rechten Manne berief sich Otto nachher vielfach wider seinen Gegner. So standen von Neuem zwei Parteien im Reiche einander gegenüber und bekämpften sich mit allen Mitteln der Gewalt und der Rede; das südliche und östliche Deutschland war großenteils auf Seiten Philipps, die westlichen Gegenden und die Mehrzahl der geistlichen Fürsten auf Seiten Ottos, der als Welfe auch die meiste Hoffnung hatte, daß sich Rom seiner annehmen werde. Und daß Rom diese Gelegenheit nicht unbenutzt lassen werde, für sich aus dem Streite in Deutschland Vorteil zu ziehen, ließ sich um so mehr erwarten, als den päpstlichen Stuhl einer der kräftigsten und großsinnigsten Männer einnahm, welchen das Mittelalter aufzuweisen hat, Papst Innozenz III., der in seiner 18jährigen Regierung die großen Gedanken Gregors VII. zu ihrem Ziele und die päpstliche Macht auf die Höhe ihrer Geltung in der Weltgeschichte geführt hat. Die Umstände begünstigten sein Streben außerordentlich, aber der Mittelpunkt seiner großen Wirksamkeit lag in ihm selbst...“.