...deutschen Kriegsgeschichte vollbrachte unser Herzog Philipp der Streitbare 1529 in Wien. Unsere alte deutsche Reichshauptstadt wurde damals nämlich von 150,000 türkischen Kriegsknechten belagert und zu ihrer Verteidigung standen kaum 17,000 Streiter zur Verfügung. Mit dem Eintreffen eines Entsatzheeres war nicht zu rechnen und so konnte man allenfalls hoffen, daß das ungesunde Wetter im Herbst im Verbund mit Hunger und Seuchen die Türken zum Abbruch der Belagerung zwingen würden. Doch mußte man dazu deren Angriffe zuerst einmal abwehren. Was 1529 alles andere als leicht war, denn die Wiener Befestigungsanlagen stammten noch aus dem Mittelalter und waren nur sehr unzureichend gegen die Feldschlangen und den Minenkrieg mit seinen Schwarzpulver-Sprengladungen. So mußte mancher gefährliche Angriff der Türken von Ende September bis Mitte Oktober abgeschlagen werden... Die Gefahr war 1529 zwar nicht so hoch wie 1683, aber mit dem Bauernkrieg und Luthers Reformation herrschte auch damals einiger Unfrieden. Dazu hatte der Untergang unseres staufischen Kaiserhauses die Reichsgewalt stark geschwächt und so waren die Zeiten nicht mehr, wo unser Kaiser Friedrich Rotbart ein Heer von 120,000 Mann für eine Heerfahrt nach Italien aufstellen konnte. Man könnte hier freilich unseren Kaiser Karl den Fünften tadeln, aber der hatte im Westen mit den Galliern so manchen blutigen Strauß auszufechten. Seit der berühmten Schlacht von Pavia waren gerade mal vier Jahre verflossen... Geboren wurde unser Herzog Philipp der Streitbare 1503 in Heidelberg. Als jüngerer Sohn des Hauses Wittelsbach mußte er sich nach einer Anstellung in Kirche oder Staat beziehungsweise Heirat umsehen. Nach seiner Heldentat wurde unser Herzog Philipp der Streitbare 1532 zum Ritter des Goldenen Vlieses geschlagen und zum Statthalter von Württemberg ernannt... Eine wahre Herkulesaufgabe vollbrachte unser Herzog Philipp der Streitbare im Jahre 1529 in Wien und daher bekommt er von mir zum Wiegenfest Georg Friedrich Händels Meisterwerk „Herkules“ gespielt: https://www.youtube.com/watch?v=DKRnCSNBPw8 Von den Vorbereitungen zur Verteidigung Wiens lese ich euch bei unserem Geschichtsschreiber Karl August Schimmer („Wiens Belagerungen durch die Türken und ihre Einfälle in Ungarn und Österreich“) vor: https://archive.org/details/bub_gb_OLUAAAAAcAAJ „In Hinsicht auf die aktive Verteidigung hatte Pfalzgraf Philipp das Kommando in der Stadt übernommen. Ihm zur Seite stand der greise Held, Niklas Graf von Salm, der mit einer auserlesenen Schar Streiter aus Oberungarn über das Marchfeld herbeigeeilt war und dessen erprobter Treue und Tapferkeit König Ferdinand vor Allem die Verteidigung Wiens, dieser wichtigsten Vormauer der Christenheit anvertraute, da er sich durch langerprobte Dienstleistung das Vertrauen seines Landesfürsten erworben und bereits in der Schlacht bei Pavia (1525) durch seine Tapferkeit das Meiste zum glücklichen Ausgange derselben beigetragen hatte. Die übrigen Feldherren waren: Wilhelm Freiherr von Roggendorf, General der Reiterei, der sich bereits in den italienischen Kriegen viele Verdienste gesammelt hatte; Markus Beck von Leopoldsdorf, Generalproviantmeister; Ulrich Leiser, Oberzeugmeister; Johann Katzianer; Leonhard, Freiherr von Vels; Eck (Hektor) von Reischach; Maximilian Leiser. Von österreichischen Ständen und königlichen Räten befanden sich folgende in der Stadt: Georg von Puechhaim, Statthalter in Unterösterreich; Nikolaus Rabenhaupt, Kanzler; Rudolph von Hohenfeld, Felician von Pottschach, königliche Räte; Johann von Greiffenegg, Hauptmann von Wien und des gesamten Fußvolkes (Miliz) dieser Stadt; Melchior von Lamberg; Trajan von Auersberg; Bernardin Ritschen; Helfreich von Meggun; Erasmus von Obritschen; Raimund von Dornberg; Otto von Achterdingen; Johann Apsalterer; Siegfried von Kollonitsch, Reinbrecht von Ebersdorf und Hans von Eibenswald. Anführer der steierischen Soldaten war der mannhafte Abel von Holleneck, der böhmischen, Ernst von Brandenstein. Die Reichshilfstruppen bestanden aus zwei Regimentern unter Kunz Gotzmann und Jakob von Wernau. Die Spanier befehligten vier Hauptleute: Luis de Avallos, Melchior de Vilanell, Juan de Salinas und Juan de Aquilera. Von Magistratspersonen waren in der Stadt geblieben: Wolfgang Troy, Bürgermeister; Paul Bernfuß, Richter; dann die Ratsglieder: Sebastian Eiseler, Sebastian Schmutz und Wolfgang Mangold. Die minderen Offiziere verstattet der Raum nicht aufzuführen, unter denselben befanden sich aber viele Abkömmlinge der ersten Häuser des deutschen und österreichischen Adels, so zum Beispiel der Auersberg, Berlichingen, Bibra, Hager, Hardegg, Herberstein, Khevenhüller, Lamberg, Nimbsch, Payersberg, Pappenheim, Purgstall, Rosenberg, Schallenberg, Schwarzenberg, Seidlitz, Sinzendorf, Stahremberg, Trautmannsdorf, Wildenstein, Wolkenstein und anderen. Auch erboten sich mehre Edle ausgezeichneten Stammes zu freiwilliger Dienstleistung während der Belagerung, und zwar: Georg Wolframstorfer, königlicher Oberjägermeister; Leonard Hauser, Hauptmann der Wiener Bürgerschaft; Erasmus Scheirer, Hauptmann von Zengg; der tapfere Spanier Juan Salamanca und andere. Aus dem bei Krems gelagerten Reichsheere waren noch zwei edle Jünglinge, Rupprecht, Graf zu Manderscheid und Wolf, Graf zu Oettingen, von solcher Kampfeslust beseelt, daß sie, nach dem die Stadt bereits geschlossen war, über die Donau schwammen und am Werdertor den Wall hinaufgezogen wurden. Die ganze Besatzung belief sich auf 20,000 Mann zu Fuß, 2000 zu Pferd, die Zahl der bewaffneten Bürger auf etwa 1000. Die Austeilung der Truppen zur Verteidigung der Stadt war folgendermaßen: Der Pfalzgraf Philipp besetzte mit 100 Kürassieren und 14 Fähnlein (Kompanien) Reichstruppen das Stukenviertel von dem Rotenturme an bis in die Mitte der Kortine gegen das Kärntnertor. An ihn schloß sich Eck von Reischach mit 3000 Mann zu Fuß, und zwar vom Kärntnerturm bis an das Augustinerkloster. Von da bis in die Burggärten befehligte Abel von Holleneck die steirischen Truppen. In der Burg selbst befand sich Leonard von Vels mit 3000 Mann geprüfter Truppen. Bis zum Schottentore befehligte Maximilian Leiser. Auf den vier Hauptplätzen der Stadt war Kavallerie unter Wilhelm von Roggendorf aufgestellt, um auf den ersten Lärmruf zu Hilfe zu eilen. Vom Schottentore bis zum Werdertore stand Rupprecht von Ebersdorf mit 2000 Mann Österreichern und 700 Spaniern. Der Turm im sogenannten Elend war mit einem großen Bollwerke und gutem Geschütze versehen, um den türkischen Donauschiffen, die sich längs der Donau hin auf bis Nußdorf erstreckten, Schaden zu tun. Vom Werdertore bis zum Rotenturme mit Einschluß des Salztores standen endlich 2000 Mann Böhmen unter Ernst von Brandenstein und Wilhelm von Wartenberg, mit einer Abteilung Kavallerie unter Johann Grafen von Hardegg. Die Bürgerschaft hatte das Schottenviertel zu bewachen. Das Verteidigungsgeschütz war wie folgt aufgestellt: In der Burg stand ein Doppelhaken und fünf Falkonets, zunächst daran auf einem Bollwerke eine Kartaune, in der Stadtmauer beim Schottentore waren fünf Schußlöcher gebrochen und abwechslungsweise mit drei Halbschlangen und anderem gröberen Geschütze besetzt. Auf dem Ravelin des Schottentores stand eine Halbschlange, eine Singerin, und auf dem Judenturme zwei Falkonets, an dessen Ecke abermals zweie und auf einem darneben aufgeworfenen Bollwerke eine Kartaune und die große Notschlange, der Greif genannt; in der Renngasse auf dem Salzburgerhof (jetzt kaiserliches oberes Arsenal) eine Singerin und eine Halbschlange, gegen die Donau gerichtet. Auf dem Ravelin beim Werdertore standen zwei Falkonets. Beim Biberturm gegen die Schlagbrücke eine Notschlange, zwei Halbschlangen, eine Singerin und zwei Falkonets, wie auch im Turme selbst zwei Falkonets. Im Garten des Dominikanerklosters waren vier Schußlöcher durch die Stadtmauer gebrochen und eine Halbschlange und ein Falkonet dazu bestimmt. Am Tore desselben Klosters auf einer daselbst errichteten sogenannten Katze, in der Höhe der Stadtmauer, befand sich eine Halbschlange und ein Falkonet, unter dem Dache des Klosters aber waren zwei Halbschlangen angebracht. Vom Stuben- bis zum Kärntnertore waren zehn Schußlöcher durch die Stadtmauer gebrochen und mit acht Falkonets und einer Singerin versehen. Da man jedoch diese Stellung bald für zwecklos erkannte, so verschüttete man die Schußlöcher wieder und postierte die Geschütze auf die Dächer der zunächst liegenden Häuser. Auf dem Kärntnerturm stand eine große Notschlange, eine Halbschlange und ein Falkonet, in der Mitte des Turmes zwei eiserne Falkonets und neben dem Kärntnertore gegen Sankt Klara eine Singerin; auf dem Dache des Sankt Klarenkloster aber eine Halbschlange und ein Falkonet. Auf dem neuen Roßmarkt und bei drei Schußlöchern in der Stadtmauer zwischen Sankt Klara und den Augustinern stand wieder ein Doppelhaken mit Hagelgeschütz, zwei kleinere, ein Mörser, eine Kartaune, eine große Notschlange und eine Singerin. Endlich standen auf dem Augustinerturme zwei Falkonets, und auf einem im Kloster aufgeworfenen Bollwerke zwei eiserne Steinbüchsen mit Hagelgeschütz. Die Besorgung dieser Geschütze war 74 Feuerwerkern unter dem Oberzeugmeister Ulrich Leyser anvertraut. Zugleich wurden die Posten aller Orten gehörig besetzt, und so gerüstet erwartete man gefaßten Mutes den Andrang des Feindes, der schon mit der Hauptmacht von der ungarischen Grenze her im Anzuge war. Den 20. September hatte bereits Altenburg nach tapferer Gegenwehre kapituliert und die daselbst befindliche böhmische Besatzung, 300 Mann stark, wurde kriegsgefangen. Nachdem der Sultan sie über den Zustand von Wien, die Stärke der Besatzung und so weiter befragt hatte, und ihre Antworten seinen Erwartungen entsprochen haben mochten, ließ er sie gut behandeln und sie mußten ihn auf seinem weiteren Zuge begleiten. Bald darauf fielen auch Bruck an der Leitha und Trautmannsdorf durch Kapitulation in die Hände der Feinde und nun näherten sie sich unaufgehalten der Hauptstadt, mit der sicheren Überzeugung, sich derselben in kurzer Zeit zu bemächtigen und durch diese wichtige Eroberung auch dem oströmischen Reiche ein Ende zu machen...“.