...unser Feldmarschall August von Mackensen die Russen einmal mehr geschlagen hat. Dieses mal mit unserer IX. Armee. Eigentlich waren die Russen bei Lodz zum Angriff auf Schlesien und Posen aufmarschiert. Diese ihre Bereitstellungen zerschlug unser Feldmarschall von Mackensen und nahm obendrein noch die Stadt Lodz ein.Ihm standen dazu 15 Divisionen mit 225,000 Recken zu Gebote. Die Russen waren mit 24 Divisionen in einer Stärke von 500,000 Mann angerückt. Die Schlacht kostete sie 90,000 Mann, während wir Deutschen 35,000 Verwundete und Gefallene hatten. Ein voller Sieg war die Schlacht von Lodz freilich nicht, denn eigentlich war eine Einkesselung der Russen wie bei Tannenberg und an den Masurischen Seen geplant, was uns wiederum zur Frage der Stoßkraft führt... Vom Schlachtplan für Lodz berichtet uns unser Feldmarschall Paul von Hindenburg in seinen Denkwürdigkeiten - „Aus meinem Leben“ genannt - nunmehr: https://archive.org/details/ausmeinemleben00hind „Der neue Plan gründet sich auf folgende Erwägung: Würden wir in der jetzigen Aufstellung den Angriff der gegenüberstehenden vier russischen Armeen frontal abzuwehren versuchen, so würde der Kampf gegen die erdrückende Übermacht wohl ebenso verlaufen wie vor Warschau. Schlesien ist also auf diese Weise vor dem Einbruch des Gegners nicht zu retten. Diese Aufgabe ist nur im Angriff zu lösen. Ein solcher, gegen die Stirnseite des weit überlegenen Gegners geführt, würde einfach zerschellen. Wir müssen ihn gegen die offene oder bloß schwach gedeckte feindliche Flanke zu richten suchen. Eine ausholende Bewegung meiner linken Hand illustrierte bei der ersten Besprechung diesen Gedanken. Suchen wir den feindlichen Nordflügel in der Gegend von Lodz, so müssen wir unsere Angriffskräfte bis nach Thorn verschieben. Zwischen dieser Festung und Gnesen wird also unser neuer Aufmarsch geplant. Wir trennen uns damit weit vom österreichisch-ungarischen linken Heeresflügel. Nur noch schwächere deutsche Kräfte, darunter das hart mitgenommene Landwehrkorps Woyrsch, sollen in der Gegend von Czenstochau belassen werden. Vorbedingung für unseren Linksabmarsch ist, daß das kaiserlich und königliche Armee-Oberkommando an die Stelle unserer nach Norden abrückenden Teile in die Gegend von Czenstochau vier Infanteriedivisionen aus der zur Zeit nicht bedrohten Karpatenfront heranbefördert. Durch unseren neuen Aufmarsch bei Thorn-Gnesen werden die gesamten verbündeten Streitkräfte im Osten in drei große Gruppen verteilt. Die erste wird gebildet durch das österreichisch-ungarische Heer beiderseits der oberen Weichsel, die beiden anderen durch die IX. und VIII. Armee. Die Zwischenräume zwischen diesen drei Gruppen können wir durch vollwertige Kampftruppen nicht schließen. Wir sind gezwungen, in die etwa 100 Tausendmeter breite Lücke zwischen den Österreichern und unserer IX. Armee im wesentlichen neuformierte Verbände einzuschieben. Diese besitzen an sich schon geringere Angriffskraft und müssen noch dazu an der Front einer mächtigen russischen Überlegenheit sich so breit ausdehnen, daß sie eigentlich nur einen dünnen Schleier bilden. Rein zahlenmäßig beurteilt brauchen die Russen gegen Schlesien nur anzutreten, um diesen Widerstand mit Sicherheit zu überrennen. Zwischen der IX. Armee bei Thorn und der VIII. Armee in den östlichen Gebieten Ostpreußens befindet sich im wesentlichen nur Grenzschutz, verstärkt durch die Hauptreserven aus Thorn und Graudenz. Auch diesen Truppen gegenüber steht eine starke russische Gruppe von etwa vier Armeekorps nördlich von Warschau auf dem Nordufer der Weichsel und des Narew. Diese russische Gruppe könnte, wenn sie über Mlawa angesetzt würde, die Lage, wie sie sich Ende August vor der Schlacht bei Tannenberg entwickelt hatte, nochmals wiederholen. Das Rückengebiet der VIII. Armee scheint also erneut und bedenklich bedroht. Aus dieser Lage in Schlesien und Ostpreußen soll uns der Angriff der IX. Armee gegen die nur schwach geschützte Flanke der russischen Hauptmassen in Richtung Lodz befreien. Es ist klar, daß diese Armee, wenn ihr Angriff nicht rasch durchdringt, die feindlichen Massen von allen Seiten auf sich ziehen wird. Diese Gefahr ist um so größer, als wir weder zahlenmäßig hinreichende noch auch genügend vollwertige Truppen haben, um sowohl die russischen Heeresmassen im großen Weichselbogen als auch die feindlichen Korps nördlich der mittleren Weichsel durch starke, durchhaltende Angriffe frontal zu fesseln oder auch nur auf längere Zeitspanne hinaus zu täuschen. Wir werden freilich trotz alledem überall unsere Truppen zum Angriff vorgehen lassen, aber es wäre doch ein gefährlicher Irrtum, hiervon sich allzu viel zu versprechen. Was an starken, angriffskräftigen Verbänden irgendwo freigemacht werden kann, muß zur Verstärkung der IX. Armee herangeholt werden. Sie führt den entscheidenden Schlag. Mag die VIII. Armee noch so bedroht sein, sie muß zwei Armeekorps zugunsten der IX. abgeben. Die Verteidigung der erst vor kurzem befreiten Provinz kann unter solchen Verhältnissen freilich nicht mehr an der russischen Landesgrenze durchgeführt werden sondern muß in das Seengebiet und an die Angerapp zurückverlegt werden; ein harter Entschluß. Die Gesamtstärke der IX. Armee wird durch die geschilderte Maßnahme auf etwa fünfeinhalb Armeekorps und fünf Kavalleriedivisionen gebracht. Zwei von letzteren werden aus der Westfront herangeführt. Weitere Kräfte glaubt die Oberste Heeresleitung trotz unserer ernsten Vorstellungen dort nicht freimachen zu können. Sie hofft in dieser Zeit immer noch auf einen günstigen Ausgang der Schlacht bei Ypern. Die Schwierigkeiten des Zweifrontenkrieges zeigen sich erneut in ihrer ganzen Größe und Bedeutung. Was auf unserer Seite an Kräften fehlt, muß wieder durch Schnelligkeit und Tatkraft ersetzt werden. Ich bin sicher, daß in dieser Beziehung das Menschenmögliche von Seiten der Armeeführungen und Truppen geleistet werden wird. Schon am 10. November steht die IX. Armee angriffsbereit, am 11. bricht sie los, mit dem linken Flügel längs der Weichsel, mit dem rechten nördlich der Warthe. Es ist hohe Zeit, denn schon kündet sich an, daß auch der Gegner vorgehen will. Ein feindlicher Funkspruch verrät, daß die Armeen der Nordwestfront, das heißt also alles, was von russischen Kräften von der Ostsee bis einschließlich Polen steht, am 14. November zu einem tiefen Einfall in Deutschland antreten sollen. Wir entreißen dem russischen Oberbefehlshaber die Vorhand, und als er am 13. unsere Operation erkennt, wagt er nicht, den großen Stoß gegen Schlesien durchzuführen, sondern wirft alle verfügbaren Kräfte unserem Angriff entgegen. Schlesien ist damit vorläufig gerettet, der erste Zweck unserer Operation ist erreicht. Werden wir darüber hinaus eine große Entscheidung erringen können? Die feindliche Übermacht ist allenthalben gewaltig. Trotzdem erhoffe ich Großes! ...“.