âVon der MoralitĂ€t der SchaubĂŒhne. - Wer da meint, Shakespeares Theater wirke moralisch und der Anblick des Macbeth ziehe unwiderstehlich vom Bösen des Ehrgeizes ab, der irrt sich: und er irrt sich noch einmal, wenn er glaubt, Shakespeare selber habe so empfunden wie er. Wer wirklich vom rasenden Ehrgeiz besessen ist, sieht dies sein Bild mit Lust; und wenn der Held an seiner Leidenschaft zu Grunde geht, so ist dies gerade die schĂ€rfste WĂŒrze in dem heiĂen GetrĂ€nke dieser Lust. Empfand es der Dichter denn anders? Wie königlich, und durchaus nicht schurkenhaft, lĂ€uft sein Ehrgeiziger vom Augenblick des groĂen Verbrechens an seine Bahn! Erst von da ab zieht er âdĂ€monischâ an und reizt Ă€hnliche Naturen zur Nachahmung auf; - dĂ€monisch heiĂt hier: zum Trotz gegen Vorteil und Leben, zu Gunsten eines Gedankens und Triebes. Glaubt ihr denn, Tristan und Isolde gĂ€ben dadurch eine Lehre gegen den Ehebruch, daĂ sie Beide an ihm zu Grunde gehen? Dies hieĂe die Dichter auf den Kopf stellen: welche, wie namentlich Shakespeare, verliebt in die Leidenschaften an sich sind, und nicht am geringsten in ihre todbereiten Stimmungen: - jene, wo das Herz nicht fester mehr am Leben hĂ€ngt, als ein Tropfen am Glase. Nicht die Schuld und deren schlimmer Ausgang liegt ihnen am Herzen, dem Shakespeare so wenig wie dem Sophokles (im Ajax, Philoktet, Ădipus): so leicht es gewesen wĂ€re, in den genannten FĂ€llen die Schuld zum Hebel des Dramas zu machen, so bestimmt ist dies gerade vermieden. Ebensowenig will der Tragödiendichter mit seinen Bildern des Lebens gegen das Leben einnehmen! Er ruft vielmehr: âes ist der Reiz allen Reizes, dieses aufregende, wechselnde, gefĂ€hrliche, dĂŒstere und oft sonnendurchglĂŒhte Dasein! Es ist ein Abenteuer, zu leben, - nehmt diese oder jene Partei darin, immer wird es diesen Charakter behalten!â - So spricht er aus einer unruhigen und kraftvollen Zeit heraus, die von ihrer ĂberfĂŒlle an Blut und Energie halb trunken und betĂ€ubt ist, - aus einer böseren Zeit heraus, als die unsere ist: weshalb wir nötig haben, uns den Zweck eines Shakespearischen Dramas erst zurecht und gerecht zu machen, das heiĂt, es nicht zu verstehen.â
(Friedrich Nietzsche, âMorgenröteâ)
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